Hallo zusammen,
Folgende Passagen aus dem Baurecht, die dem ganzen näher kommen sollten, hier anhand des hessischen Baurechts, weil ich einfach zu bequem bin, mich anderweitig einzulesen (ich gehe von einem Standardbauwerk, also keinem Sonderbau aus):
HBO § 3 Allgemeine Anforderungen
(1) Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ord-nung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden.
[i]Der Begriff "instand halten" kann hierbei auch auf das Freihalten des Rettungsweges bezogen werden.
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HBO § 13 Brandschutz
(1) Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.
[i]Der Begriff "instand halten" kann hierbei auch auf das Freihalten des Rettungsweges bezogen werden.[/i]
HBO § 30 Treppen
(1) 1Jedes nicht zu ebener Erde liegende Geschoss und der benutzbare Dachraum eines Gebäudes müssen über mindestens eine Treppe zugänglich sein (notwendige Treppe); weitere notwendige Trep-pen sind erforderlich, wenn die Rettung von Menschen im Brandfall nicht auf andere Weise möglich ist. ²Statt notwendiger Treppen sind Rampen mit flacher Neigung zulässig.
[i]Wir reden hier von einer notwendigen Treppe.
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HBO § 31 Notwendige Treppenräume und Ausgänge
(1) 1Jede notwendige Treppe muss in einem eigenen, durchgehenden Treppenraum liegen (notwendi-ger Treppenraum). 2Der notwendige Treppenraum muss so angeordnet und ausgebildet sein, dass die Benutzung der notwendigen Treppe auch als Rettungsweg im Brandfall ausreichend lang möglich ist. 3Notwendige Treppen ohne eigenen Treppenraum sind zulässig
[i]Ausbildung des Treppenraums, das ausreichende Nutzung auch im Brandfall möglich ist[/i]
HBO § 43 Wohnungen
(4) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen sind leicht erreichbare und gut zugängliche Abstellräu-me für Kinderwagen und Fahrräder sowie für jede Wohnung ein ausreichend großer Abstellraum herzu-stellen.
HE-HBO
Als „leicht erreichbar“ und „gut zugänglich“ können Abstellräume für Kinderwagen, Fahrräder und Kinderspielgeräte im Allgemeinen nur angesehen werden, wenn sie zu ebener Erde angeordnet sind oder über nur wenige Stufen oder – bei größerem Höhenunterschied – über eine Rampe erreicht werden können. Die Abstellräume können auch in Nebengebäuden oder in einem Gebäude für mehrere unmittelbar benachbarte Wohngebäude hergestellt werden.
„Ausreichend groß“ ist der Abstellraum für Kinderwagen, Fahrräder und Kinderspielgeräte, wenn für jeweils bis zu drei auf ihn angewiesene Wohnungen 5 m² Grundfläche zur Verfügung stehen. Bei mehr als 20 Wohnungen genügt 1 m² Grundfläche je Wohnung.
[i]Dies hat wohl u. A. auch seinen Grund darin, dass die Kinderwagen nicht im Treppenraum stehen[/i]
HB0 Anlage1, Nr. 7.3 notwendige Treppenräume (§ 31), Räume nach § 31 Abs. 3 Satz 3
Bekleidungen, Putze, Dämmstoffe, Unterdecken, Oberflächen von nicht bekleideten Wänden und Decken sowie Einbauten:
GK1: X
GK2: X
GK3: A
GK4: A
GK5: A
[i]Wenn die Bekleidungen bei GK3 schon aus nicht brennbaren Material bestehen dürfen, kann man dies auf Bilder, aber sicher auch auf Möbel, etc. übertragen[/i]
HB0 Anlage1, Nr. 7.4 notwendige Treppenräume (§ 31), Räume nach § 31 Abs. 3 Satz 3
Bodenbeläge, ausge-nommen Gleitschutz-profile:
GK1: X
GK2: X
GK3: B1
GK4: B1
GK5: B1
[i]Also keine (nicht schwer entflammbaren) Teppiche. Was soll dann erst für die auf dem Bodenbelag stehenden Kinderwagen/Möbel gelten, die ja viel besser vom Brand erfasst werden können[/i]
Ich verweise auch auf die MuLAR, die zwar streng genommen nur für Leitungsanlagen gilt, aber hier auch ganz klar stellt, dass in notwendigen treppenräumen keine brennbaren Leitungen, brennbaren Verkleidungen/Dämmung, Verteiler, Gaszähler etc.. zu suchen haben.
Ich denke, dass die brennbaren Leitungen / Dämmungen vom Risiko her mit dem Möbelstück, dem Bild und oder dem Kinderwagen vergleichbar sind.
[b]Zusammenfassung:
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Es ist wahr, dass in der HBO keine direkte Aussage dazu getroffen wird, das Kinderwagen & Co. nichts im Treppenhaus zu suchen haben.
Es gelten jedoch die allgemeinen Anforderungen der §§3 und 13, nämlich u. A., dass bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.
Hier gilt es nach einem Brandfall mit evtl. Todesfolge zu beweisen, dass dieses Schutzziel nicht verletzt wurde.
Besonders erschwert wird dieser Nachweis, wenn man sich die expliziten Vorgaben der HBO an die Umfassungswände und Bodenbeläge für Gebäude der GK 3-5 anschaut: Der Boden darf gerade noch mit einem schwer entflammbaren Belag ausgestattet werden, die Wände, die Verkleidungen ... müssen jedoch nicht brennbar ausgeführt werden.
Die MuLAR verbietet u.A. brennbare Leitungen in notwendigen Treppenräumen (Ausnahmen gibt es für notwendige Flure - nicht für Treppenräume)
Es sollte also klar sein, dass in einem Treppenraum (ausser dem Bodenbelag) nichts brennbares zu suchen hat (sicherlich darf man hierbei über das Vorhandensein von Lichtschaltern und anderen Kleinstmengen hinwegsehen).
Die HBO sieht sogar für Gebäude mit mehr als 2 Wohnungen vor, das entsprechende Räume für die Unterbringung der Kinderwagen, etc.. vorzusehen sind.
ibkoeppen mag deshalb unter Bezug auf die wortwörtliche Auflistung, nicht jedoch im Bezug auf die baurechtliche Intension recht haben.
Ich empfehle allen Interessierten, sich Einsatzberichte der Feuerwehren über Brandereignisse mit im Treppenraum abgestellten, brennbaren Gegenständen zuzuführen:
http://www.live-aus-muenchen.de/default ... cleId=5367
http://www.feuerwehr-korbach.de/Rtwege.htm
http://www.berufsfeuerwehrleverkusen.de ... 41025.html
http://www.feuerwehr.muenchen.de/bda0pr ... k_2006.pdf
http://www.berufsfeuerwehr-mainz.de/c_e ... er2005.htm
http://www.ffgartenstadt.de/page/nachrichten.php?id=625
http://salam.hr-online.de/website/rubri ... ubrik=1987
Zum Schluss das Wort zum Sonntag:
Das Fehlen von eindeutigen, wortwörtlichen Regelungen entbindet die handelnde Person nicht davon, den gesunden Menschenverstand einzuschalten.
Der Zusammenhang zwischen brennbarem Material im Treppenraum und der hiermit verbundenen erhöhten Gefahr sollte jedem Einleuchten.
Die (auch fahrlässige) direkte/indirekte Verletzung oder Tötung von Menschen (bspw. auch durch Unterlassung) ist strafbar.
In Anbetracht der Lebenserfahrung halte ich es persönlich für fraglich, ob iim Fall der Fälle der Richter ein solches Vergehen / Unterlassung als lleichte Fahrlässigkeit abtun wird.
Deshalb gefährden Sie meinetwegen sich selbst, aber nicht andere Mitmenschen !