Brandschutz nach Sanierung eines Leitungswasserschadens

LBO, MBO u. andere Bauvorschriften, Feuerschutzabschlüsse, Flucht- und Rettungswege etc.
Blumenschein

Brandschutz nach Sanierung eines Leitungswasserschadens

Beitragvon Blumenschein » Do 07.01.2010 11:52

Hallo zusammen,

angenommen ich habe einen Schadenfall in einem mehrstöckigem Bürohaus, ehemals Wohnhaus. Das Haus wird von einer Firma als Büro genutzt.
Das Haus lässt sich wie folgt beschreiben:

Baujahr: 1900 1920
Lage: NRW
Bauart: massive Bauweise

Decken: Holzbalkendecken mit Blindboden und Schüttung (Lehm und Sand),
Deckenbelag: Holzwolleleichtbauplatten, verputzt
Fußbodenbelag: Holz
Dachkonstruktion: Satteldach
Dachdeckung: harte Deckung


Durch einen Leitungswasserschaden sind die Schüttungen der Holzbalkendecken sowie die Unterdecke durchnässt und müssen teilweise großflächig ausgetauscht werden. Ein Genehmigungsverfahren ist nicht notwendig, sprich Anforderungen durch die Behörde kann es nicht geben!

Muss ich jetzt generell die Brandschutzmindestanforderungen der BauO NRW ( §34) für Decken beachten, sprich gibt es ähnlich wie in der EnEV Vorschriften, dass ab einen bestimmten Grad der Sanierung die neusten Brandschutzanforderungen zu beachten sind? Sowohl in der BauO NRW, als auch die DIN 4102 sagen meiner Meinung nach dazu nichts Konkretes!

Vielen Dank für Infos,
Gruß
--
Blumenschein

Linse

Re: Brandschutz nach Sanierung eines Leitungswasserschadens

Beitragvon Linse » Do 07.01.2010 19:22

Da gibt es jetzt verschiedene Sachen, die da interessant sind, auch wenn ich das Gebäude nicht kenne und somit keine abschließende Empfehlung geben kann.

Zum ersten: Die Anwendung der neuen Bauordnung ist meines Wissens erst dann notwendig, wenn ein genehmigungsbedürftiger Umbau oder eine Nutzungsänderung stattfindet. Mir wurde im Studium gesagt, dass man als Faustregel davon ausgehen kann, dass Bestandsschutz so lange besteht, wie man keinen neuen Bauplan braucht oder keine besondere Gefährdung vorliegt.

Zweitens: Wenn alle Decken mit Sand und Lehm gefüllt wären, dann gäbe es so gut wie keine Probleme mit durchgebrannten Decken. Sofern der Lehm und der Sand nicht mit Stroh gestreckt werden, dürften die als Brandisolierung deutlich besser abschneiden als verschiedene andere Isolierstoffe, die sonst gerne in den Decken verbaut werden.

Drittens: Sollte tatsächlich jemand von der Baubehörde da Schwierigkeiten machen, weil die Decke ja nicht Norm so und so entspricht, dann kann man immer noch ein Gutachten von einem Spezialisten oder von der Bundesanstalt für Materialprüfung (ich glaub, in dem Fall in Braunschweig) einholen, dass die Decke die Anforderungen erfüllt.

Viertens: Sollte der von der Baubehörde sich auch durch ein entsprechendes Gutachten nicht besänftigen lassen, würde ich mal beim Denkmalschutz anklopfen. Bei dem Alter dürfte das Haus problemlos in die schützenswerte Kategorie fallen. Und ich glaube nicht, dass dann ein unbelehrbarer Sachbearbeiter bei der Baubehörde noch seine Forderung nach nicht wirklich Sicherheit erhöhenden Änderungen durchsetzen kann. Allerdings zählt das dann auch für spätere Veränderungswünsche Ihrerseits. Der Denkmalschutz wird dann wahrscheinlich auch in Zukunft auf das Haus achten und dann auch bei Veränderungen beispielsweise an den Fenstern mitreden wollen...

Blumenschein

Re: Brandschutz nach Sanierung eines Leitungswasserschadens

Beitragvon Blumenschein » Fr 08.01.2010 8:31

Vielen Dank,
Gruß
--
Blumenschein

Jörn Klaas

Re: Brandschutz nach Sanierung eines Leitungswasserschadens

Beitragvon Jörn Klaas » Fr 08.01.2010 21:53

Zum Thema Bestandsschutz:
Eine rechtmäßig erteilte Baugenehmigung bleibt auf Dauer bestehen. Wenn also das Gebäude 1900 als Wohngebäude genehmigt wurde darf es auch weiterhin so genutzt werden. Probleme treten auf, wenn sich die Nutzung ändert oder umgebaut wird.
In Ihrem Fall würde die Bauaufsicht von Sanierungsmaßnahmen sicherlich nichts mitbekommen. Es wäre auch kein Problem die Decken in der alten Form, also im identischen Aufbau mit Lehm und Sand, wieder zu errichten. Da gegen könnte niemand etwas haben.
Sollten Sie jedoch eine Decke in einer anderen Bauform planen kann ich Ihnen nur empfehlen Decken mit entsprechenden Anforderungen einzubauen. Spätestens wenn es doch einmal zu einer Nutzungsänderung oder zu einem Umbau kommt wird es Probleme geben.
Letztlich stellt sich häufig die Frage, ob denn die tragenden Wände die gleichen Anforderungen im Brandschutz erfüllen, wie sie für die Decken gefordert sind. Hier kann Ihnen dann nur ein Brandschutzplaner aus der Miesere helfen.
Meines Erachtens ist die Abwägung in Ihrem Fall die Höhe der Mehrkosten für eine vorschriftengemäße Decke gegen event. spätere (und dann wahrscheinlich erheblich teurere) Probleme bei Nutzungsänderung bzw. Umbau.
Ob Ihnen ein Bauinstitut oder ein anderer Sachverständiger im nachhinein einen entsprechenden Feuerwiederstand bescheinigen kann ist, zumindest aus meiner Sicht, fraglich.
Ich empfehle Ihnen die Kosten zu vergleichen.
Mit freundlichen Grüßen
Jörn Klaas
(warum geht die Navigation durch das Forum auf englisch???)

Linse

Re: Brandschutz nach Sanierung eines Leitungswasserschadens

Beitragvon Linse » Mo 11.01.2010 12:55

Jörn Klaas hat geschrieben:Ob Ihnen ein Bauinstitut oder ein anderer Sachverständiger im nachhinein einen entsprechenden Feuerwiederstand bescheinigen kann ist, zumindest aus meiner Sicht, fraglich.


Ich halte diese Institute für die beste Anlaufstelle. Zumindest wurde mir im Studium mitgeteilt, dass verschiedene traditionelle Bauweisen (insbesondere auch aus den jüngeren Bundesländern) überprüft wurden und festgestellt wurde, dass ganz oft die Bedingungen an den Feuerwiderstand gnadenlos übererfüllt wurden.