Wohngemeinschaft - Sonderbau ?

LBO, MBO u. andere Bauvorschriften, Feuerschutzabschlüsse, Flucht- und Rettungswege etc.
kerstin

Wohngemeinschaft - Sonderbau ?

Beitragvon kerstin » Di 06.05.2008 14:36

Mir geht es im speziellen Fall um die typischen WG für Studenten (neuerdings gibt es solche Wohngemeinschaften auch für (betreutes) Wohnen älterer Bürger). In diesen "normalen" Wohnungen werden die Küchen und Bäder gemeinschaftlich, jedoch die einzelnen Zimmer von einzelnen Studenten genutzt - und auch verschlossen. Wenn man diese Wohnungen als normale Wohnungen betrachtet (kein Sonderbau), wie man sich das so als Eigentümer oder Bauherr wünscht, wird leicht übersehen, dass es ein Problem geben kann bei der Erreichbarkeit des 2. Rettungsweges. Wenn es sich um Wohnungen handelt, die nur mit der DL von der Straße aus erreicht werden können, dann sind die Bewohner der Zimmer auf der straßenabgewandten Seite im Notfall nicht immer in der Lage, ein Rettungsfenster zu erreichen, nämlich wenn Bad und Küche nicht an der Straßenseite liegen und die anderen Zimmer an der Straßenseite verschlossen sind.
In diesem Fall müsste die Bauaufsicht zur Sicherung des 2 RW die Forderung aufmachen, dass die Zimmer nicht verschlossen werden dürfen. Das ist meiner Meinung nach eine Forderung, die außerhalb der Möglichkeit der MBO liegt. Daneben können eventuelle Brandherde in den verschlossenen Zimmern nicht durch die Mitbewohner gelöscht werden. Handelt es sich überhaupt noch um eine Nutzungseinheit? Haben wir es hier mit einem Sonderbau zu tun?

Michael Stieger

Wohngemeinschaft Studentenwohnen

Beitragvon Michael Stieger » Do 08.05.2008 10:07

Ich gehe von einer Wohnung aus, in der einzelne Zimmer von Studenten bewohnt werden.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Zimmer abgeschlossen werden können.
In dem Fall ist mindestens 1 Raum der Wohneinheit anleiterbar auszuführen. Dieser Raum muss von allen Bewohnern zugänglich sein (z.B. Küche oder Bad), sofern eine ausreichende Öffnungsgröße (Fenster) vorhanden ist.
Ist dies nicht möglich wäre jedes Zimmer anleieterbar auszuführen.
Als Sonderbau wäre die beschriebene Nutzung meiner Auffassung nach nicht nicht einzustufen.

kerstin

Wohngemeinschaft Studentenwohnen

Beitragvon kerstin » Do 08.05.2008 11:42

Hallo Herr Stieger,

vielen Dank für Ihre schnelle Reaktion. Es tut sich für mich aber noch ein weiteres Problem auf:

Neben der Frage der Anleiterbarkeit gegenüber einer "normalen" WE (da muss ich nicht überlegen, an welche Stelle ich Bad/Küche wegen des 2. RW unterbringe) hab ich noch den Unterschied, dass ich mich innerhalb einer WE (1Nutzungseinheit! - davon spricht die BauO) freizügig bewegen kann und im Falle der Entstehung eines Brandherdes überall versuchen kann zu löschen. Sind Zimmer verschlossen (mehrere Nutzungseinheiten!) und die Nutzer nicht da, kann kein Eigen-Löschversuch unternommen werden (nur mit Gewalt und Zimmertür demolieren). Aus dieser Sicht heraus denke ich, dass man bei solchen Wohnformen andere Anforderungen stellen muss als das Regelwerk BauO für "normale" Wohnungen hergibt.

Ausgehend von der Betrachtung, dass es sich um mehrere Nutzungseinheiten handelt, müsste der "Wohnungsflur" als notwendiger Flur ausgebildet werden, wenn ich davon ausgehe, dass es sich bei den WG-Zimmern um eigenständige Nutzungseinheiten handelt. Was halten Sie von dieser Überlegung?

Vielleicht kriege ich das Ganze in den Griff, wenn ich einen Generalschlüssel in einem für alle zugängliche Not-Schlüsselkasten deponiere und die Mieter im Mietvertrag nachweislich darauf hinweise?

svfmb

Beitragvon svfmb » Fr 09.05.2008 14:46

Hallo,
es geht doch hier ume ein "ganz gewöhnliches Wohnhaus" mit vermieteten Wohneinheiheiten, oder? Die Wohnung ist doch vom Mieter angemietet, die Nutzung bleibt dem Mieter überlassen, wenn sie zu Wohnzwecken genutzt wird.
Es soll auch Mieter geben (z. B. Kinder), die ihre genutzten Räume abschließen. Darauf wird keine gesetzliche Vorgabe eingehen (können).

Es ist etwas anderes, wenn ein Gebäude kommerziell als eine solche betrieben wird; dann gelten die Sonderbauvorschriften für Heime etc.

Aber ich finde es sehr löblich, sich innerhalb eine WG einmal Gedanken, wie o. a. zu machen, die zwar von den letzten Ausführungen selbst von mir als etwas überzogen angesehen werden, aber generell von dem Gefährungspotential Ansätze aufzeigt, die, wenn allgemein als Abstellungswürdig anerkannt, zu lösen sind.

Gruß svfmb

kerstin

WG - mehrere Nutzungseinheiten? Folgen?

Beitragvon kerstin » Fr 09.05.2008 15:25

Hallo,

ich bin nur drauf gekommen, weil ganz normale Wohnungen lediglich nur eine Nutzungseinheit nach unserer BauO darstellen --

Def. Nutzungseiheit: "...abgeschlossenen Folge von Aufenthaltsräumen, die einer Person oder einem gemeinschaftlichen Personenkreis zur Benutzung zur Verfügung stehen..."

Jedoch entstehen bei der Nutzung von vermieteten Zimmern nach obiger Definition mehrere Nutzungseinheiten, da sie nicht mehr von jedem genutzt werden können. Es handelt sich in meinem konkreten Fall um einen Neubau mit 5 "WE" mit insgesamt 15 WG-Zimmern. Was sagen Sie da z.B. zu der Forderung nach einem notwendigem Flur, der bei einer "normalen" WE ein normaler Wohnungsflur wäre? Diese Forderung müsste doch danach berechtigt sein? Und im Rückschluss komme ich wieder dahin, dass es sich nicht um "normale" Wohnungen handeln kann, da diese keinen notwendigen Flur brauchen.

Ab wann stellt dieses studentische Wohnen eine Heimnutzung dar? Welche Kriterien müssten erfüllt sein? Können sich dann aufgrund der Einstufung Sonderbau erhöhte Anforderungen ergeben?

In der Regel schließen sich Wohnungsbewohner innerhalb eine WE nur von innen ein (das Zimmer ist also unter Kontrolle). Hier soll es aber der Regelfall sein, dass die Zimmer von aussen abgeschlossen werden. Daher meine Idee mit dem "Not-Schlüsselkasten".

Michael Stieger

Nutzungseinheiten

Beitragvon Michael Stieger » Fr 16.05.2008 0:24

Die Definition für eine Wohnung sehe ich wie folgt:

Nutzung = Wohnen... (schlafen, Essen, Kochen eben Wohnen)
Wohnung = Bereich für Personen, Menschen
mit einer bestimmten Nutzfläche, die für eine Wohnung typisch sein kann.

Als Typisch für eine Wohnung würde ich ansehen eine Nutzungsgröße von max. ca. 200 m². Wenn ich in diesem Bereich liege habe ich meines Erachtens den Wohncharakter gewahrt ähnlich wie in einer Wohnung eben.
Das zu erwartenden Personenaufkommen innerhalb dieser (... das ist der springende Punkt...) beträgt hierbei ca. 200 m² - Küche, Gemeinschaftsraum, Bad und Flur = ca. 150 m², für jedes Zimmer bliebe dann meinetwegen 15 m² = max. Personenaufkommen von ca. 10 Personen.
Der Wohnungscharakter wäre immer noch gewahrt... im Falle einer Rettung könnte diese Personenanzahl in der Regel von der FW über 2. Rettungsweg (Drehleiter) allgemein noch sicher gerettet werden.

Probelematisch wird die Sache wenn die Wohnungsgröße noch größer definiert würde, sodass das Personenaufkommen innerhalb der Nutzungseinheit steigt ... sodass nicht mehr vom Begriff Wohnung in diesem Sinne ausgegangen werden kann im Sinne Wohnen für eine Familie ....

Ich würde diese Größe von ca. 200 m² zugrunde legen und auch die maximal mögliche Personenanzahl von ca. 10 Personen erst mal in Ansatz bringen. Liege ich in diesem Bereich so denke ich ist der Wohnungscharakter gegeben.
Innerhalb dieses Bereiches halte ich grundsätzlich keine besonderen Massnahmen aus brandschutztechnischer Sicht für erforderlich.

Die Definition des Bürobereichs bis 400 m² halte ich nicht für zulässig, da ja Wohnen nicht vergleichbar ist mit Büro.

Vielleicht hilft der Hinweis.

Lufel
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Nutzungseinheit

Beitragvon Lufel » Do 29.05.2008 16:44

Hallo zusammen,

wenn ich alles richtig verstanden habe, geht es Kerstin doch darum, dass ein mögliches Feuer, welches in einem abgeschlossenen Zimmer ausgebrochen ist, nicht von den restlichen Anwohner gelöscht werden kann, weil eben die Tür verschlossen ist, oder?

Muß das Feuer überhaupt durch die Mitbewohner gelöscht werden? Geht nicht erstmal die Rettung der anwesenden Personen (und die Alarmierung der restlichen Bewohner des Hauses) voraus, die ja dann auch über den ersten Fluchtweg (die angrenzende Tür zum normalen Hausflur ist ja verschlossen) oder sogar über den zweiten Fluchtweg flüchten können? Wie wäre es mit einer Brandfrüherkennung in den einzelnen Wohneinheiten (vernetzte Funkrauchmelder oder kleine hausinterne BMA) damit ein Entstehungsbrand bereits frühzeitig detektiert werden kann.

Wie sollen eigentlich die Mitbewohner einen Brand hinter einer verschlossen, ggf. rauchdicht abschließenden Tür bemerken um rechtzeitig eigene Löschversuche zu unternehmen? Und wer ist dann wirklich so mutig eine entsprechend großes Feuer zu bekämpfen, wenn es sich schon durch eine geschlossene Tür "gefressen" hat?

Im normalen Wohnungsbau denke ich, sollte die Personenrettung und -Alarmierung im Vordergrund stehen.

Grüsse aus Metzingen

Lutz Abraham

kerstin

WG-mehrere Nutzungseinehiten

Beitragvon kerstin » Do 29.05.2008 17:48

Hallo Lufel,

ja, genauso hab ich das gemeint. Vielen Dank für die Infos. Nur handelt es sich in einer WG lediglich um einfache Zimmertüren (nehme ich mal an, mehr wird nicht gefordert), und nach der Thüringer Bauordnung sind die Räume mit Rauchmeldern auszustatten, da es sich ja auch um Schlafräume handelt. Die Melder müssen nur so eingebaut und betrieben werden, "dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird." Ich gehe also davon aus, dass bei beginnender Rauchentwicklung die "Wohnungsmitbenutzer" in der Lage wären, den Brandherd in der Entstehungsphase zu löschen, wenn sie denn in die Zimmer kämen... Hier sehe ich eben den Unterschied zu einer "echten" Wohnung und ich bin der Meinung, dass man bei Wohngemeinschaften weitreichendere Forderungen möglich sein müssten. Der Gesetzgeber lässt aber dafür keinen Raum, oder hab ich da was übersehen? Gibt es nicht sogar ein Bundesland, das die BauO erweitern will mit Vorschriften zu Wohngemeinschaften?

Auch für Beherbergungsbetriebe < 12 Betten gilt nur die (M)BauO. Hier gehe ich aber davon aus, dass der "Herbergsvater" einen Zweitschlüssel besitzt und dass er nach Alarmierung der FW den Raum, in dem der nach Thüringer Bauordnung erforderliche Rauchwarnmelder detektiert hat, betreten kann.