Hier hab ich noch eine interessante Seite zum Thema gefunden:
http://www.luk-nrw.de/praev/thema/thema_05_09.asp
ZITAT
1. Problemsituation
An die Haupteingangstüren in Tageseinrichtungen existieren unterschiedliche Anforderungen, wobei verschiedene Rechtsgrundlagen sich scheinbar kontrovers gegenüber stehen:
Zum einen gelten die Anforderungen an Flucht- und Rettungswege im Rahmen des Brandschutzes; zum anderen ist die Wahrung der Aufsichtspflicht nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz und dem Gesetz für Tageseinrichtungen für Kinder zu beachten.
Die Träger von Kindertagesstätten und deren Personal stehen somit vor dem Problem, die Aufsicht zu gewährleisten ohne den Brandschutz zu vernachlässigen.
Als zuständiger Unfallversicherungsträger für Kinder in konfessionellen Tageseinrichtungen und Kindertagesstätten in freier Trägerschaft in NRW wird häufig unsere Stellungnahme und Beratung eingefordert. Die folgenden Informationen sollen einen Beitrag zur Klärung der Fragestellung leisten.
2. Rechtsgrundlage
Die Arbeitsstättenverordnung fordert in Ziffer 2.3 Absatz 2:
„Türen im Verlauf von Fluchtwegen oder Türen von Notausgängen müssen sich von innen ohne besondere Hilfsmittel jederzeit leicht öffnen lassen, solange sich Beschäftigte in der Arbeitsstätte befinden.“
Die besondere Problematik jüngerer Kinder in Tageseinrichtungen für Kinder ist dort nicht explizit berücksichtigt. Die Forderung nennt ausschließlich die Beschäftigten als Zielgruppe.
§ 3 Abs. 1 der Landesbauordnung NRW lautet:
„Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet wird. Die der Wahrung dieser Belange dienenden allgemein anerkannten Regeln der Technik sind zu beachten […]“.
Die genannte Anforderung der Bauordnung ist eine Generalklausel, die nicht näher konkretisiert ist, aber fälschlicherweise gerne so interpretiiert wird, dass Eingangstüren in Tageseinrichtungen jederzeit auch von Kindern zu öffnen sein müssen.
3. Aufsichtspflicht
Die Kinder stehen in einem besonderem Betreuungsverhältnis zum Träger der Einrichtung. Sie dürfen sich nicht unbeaufsichtigt aus der Kindertagesstätte entfernen. Im Gegenteil, ähnlich wie andere Hilfsbedürftige (Behinderte, ältere Pflegebedürftige, Kinder in altersgemischten Gruppen unter drei Jahren) bedürfen sie im Notfall sogar der besonderen Anleitung durch das vorhandene Personal. Kleinkinder neigen in Notsituationen zu scheinbar irrationalen Handlungen. Hierzu gehören beispielsweise Verhaltensweisen, wie sich zu verkriechen und apathisch dort zu verweilen anstatt den Weg aus einer Gefahrensituation zu suchen.
4. Gefährdungseinschätzung
Stets von den Kindern zu öffnende Haupteingangstüren gefährden erheblich die Sicherheit der Kinder in Tageseinrichtungen, da die Kinder unbemerkt die Einrichtung verlassen und in den öffentlichen Straßenverkehr gelangen können.
Die Kinder könnten unter anderem angefahren werden, sich verlaufen oder sonstigen bedeutsamen Gesundheitsgefahren ausgesetzt werden, denen sie nicht gewachsen sind!
In der Praxis kommt es zudem häufig vor, dass gerade in Abhol- und Bringsituationen die Tore zum Grundstücksausgang von den Eltern offen gelassen werden.
Die oben beschriebene Risikosituation ist unzweifelhaft in der Praxis wahrscheinlicher, als dass Kinder im Brandfall ohne Betreuung aus eigener Kraft die Einrichtung verlassen müssten!
Aufgrund der dargelegten Gefährdung durch offene Haupteingangstüren werden diese deshalb in vielen Einrichtungen außerhalb der Hol- und Bringzeiten verschlossen. Aber:
Das Abschließen von Türen in Rettungswegen ist unzweifelhaft nicht zulässig. Es ist auch nicht geeignet den Schlüssel stecken zu lassen.
Denn dies bedeutet eine nicht zulässige Verzögerung für den Sicherungsablauf. Außerdem ist in Stress-Situationen dieser Art durchaus bekannt, dass einfache Handlungen, wie Schlüssel einstecken etc. plötzlich schwer fallen und die Schlüssel gar herunterfallen, womit im Gefahrfall wertvolle Zeit verloren geht.
Die Landesunfallkasse NRW vertritt daher für die bei ihr versicherten Kindertagesstätten die Meinung, dass Sicherungen vorzunehmen sind, die das unbemerkte Entfernen der Kinder aus der Einrichtung zumindest erschweren und dennoch ausreichende Fluchtmöglichkeiten im Brandfall ermöglichen!
5. Lösungsvorschläge
Eine geeignete und einfache Maßnahme, die sowohl das bauordnungsrechtliche Schutzziel als auch die Aufsichtspflicht berücksichtigt, stellt die Anbringung eines in Erwachsenenhöhe angebrachten Türdrückers dar. Analog kann ein anderer Verschluss in Erwachsenenhöhe verwendet werden, wenn sichergestellt ist, dass dann die Tür sich von innen jederzeit leicht durch das Personal ohne besondere Hilfsmittel (wie z. B. Schlüssel) öffnen lässt.
In den genannten Varianten ist gewährleistet, dass die Tür unverschlossen bleibt und dennoch ein unbefugtes Verlassen der Einrichtung durch die Kinder erschwert ist.
Mit etwas größerem technischen Aufwand sind andere Alternativen verbunden.
Beispielsweise kann auch ein durch einen Schalter zu bedienender Elektromechanismus verwendet werden. Solche Systeme müssen der Richtlinie über elektrische Verriegelungssysteme von Türen in Rettungswegen (EltVTR; Fassung 1997-12) entsprechen. Die technische Lösung beinhaltet, dass im Gebäudeinneren ein Bedienelement neben der Tür auf der Höhe von max. 1,20 m angebracht ist, welches die Tür auf Knopfdruck freischaltet. Zur Vermeidung einer versehentlichen Betätigung darf die Nottaste mit einer durchsichtigen Abdeckung ausgestattet sein.
Abweichend von der EltVTR kann der Taster auf einer Höhe angebracht werden die nur von den Erzieherinnen erreicht werden kann (max. 1,80 m Höhe), wenn dies wegen der Nutzung des Gebäudes (z.B. ausschließlich Kinder im Vorschulalter) erforderlich ist und alle Erzieherinnen nachweislich den Taster erreichen können.
In diesem Fall ist eine zusätzliche, deutlich als solche gekennzeichnete Nottaste in Kinderhöhe notwendig, die mit einem Signalgeber verbunden ist und so auf einen eventuellen unerwünschten „Freiheitsdrang“ der Kinder aufmerksam gemacht wird. Ein elektrisches Freigabesystem muss zudem so gesteuert sein, dass bei Stromausfall oder Spannungsabfall die elektrische Verriegelung unwirksam wird und die Tür freigegeben wird.
Die Anforderungen können auch durch Anbringung von Panikschlössern nach dem Türwächterprinzip (mit Signalgeber) erfüllt werden. Alle Elemente müssen technisch einfach und für jedermann leicht handhabbar sein und bleiben, und dürfen in ihrer Bedienung keinesfalls durch Plombendrähte, Kunststoffhauben etc. eingeschränkt werden. Der Einsatz von Schlüsselkästen als Sicherungsmaßnahme ist nicht zulässig. Als Türgriffe sollten U-Form Drückergarnituren verwendet werden. Die Verletzungsgefahr beim daran stoßen wird somit gering gehalten.
Aufgrund dessen, dass Flure in Tageseinrichtungen für Kinder nutzungsbedingt in der Regel mit Brandlasten gefüllt sind, macht es im Einzelfall Sinn in Absprache mit der vor Ort zuständigen Bauaufsichtsbehörde zu diskutieren, ob immer die Haupteingangstür als erster Rettungsweg zu definieren ist.
Alternativ könnten in allen Gruppenräumen Notausgänge festgelegt werden, die als erste Rettungswege fungieren könnten. Da die Außentüren der Gruppenräume in der Regel in das eingefriedete Außenspielgelände einer Einrichtung führen, könnten sie derart ausgelegt sein, dass sie auch für Kinder leicht zu Öffnen sind. Die vorhandene Baugenehmigung wäre ensprechend zu ändern.
Als alternativer Lösungsansatz besteht die Möglichkeit, bei einer Haupteingangstüre, die für Kinder leicht zu öffnen ist, sicherzustellen, dass die Kinder zunächst in einen gesicherten Bereich kommen und nicht direkt auf die Straße laufen können. Dies ist beispielsweise möglich, wenn die Haupteingangstür in einen eingefriedeten Bereich führt. Die Türe zum Grundstücksausgang sollte selbstschließend ausgeführt sein, um die Zuverlässigkeit dieser Sicherung von persöhnlichem Verhalten weitgehend unabhängig zu machen
6. Abgestimmtes Maßnahmenkonzept
Die genannten Lösungsvorschläge der Landesunfallkasse NRW wurden in Abstimmung mit der obersten Bauaufsichtsbehörde in NRW, dem Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen erarbeitet. Damit soll künftig sichergestellt werden, dass die Beachtung der hier aufgezeigten Maßnahmen nicht zu einem Widerspruch der regionalen Bauaufsichtsbehörden führen werden.
Sollten Sie im Rahmen der Fragestellung noch offene, spezifische Probleme oder Unklarheiten können sie sich herzlich gerne an uns wenden.
Dr. Christoph Heidrich, Landesunfallkasse NRW
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