Klassifizierung von Möbeln (DIN 66084 vs. DIN 4102)

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ChristianM

Klassifizierung von Möbeln (DIN 66084 vs. DIN 4102)

Beitragvon ChristianM » Di 19.11.2013 12:44

Hallo!

Weiß jemand, ob/wie die Klassifizierungen gemäß DIN 66084 (P-a, Papierkissentest mit Prüfung nach DIN 54341) mit der Klassifizierung gemäß DIN 4102 (B1) vergleichbar ist?

Auslöser des Problems war eine Bestellung neuer Möbel (Stühle mit Polster) gemäß "DIN 4102 B1" in einem Verwaltungsgebäude (ich wurde vor der BEstellung nicht dazu befragt). Im Zuge einer Brandschau wurde von der Feuerwehr auf die Baugenehmigung hingewiesen, die an dieser Stelle (Sitzecke in einem notwendigen Flur) nur nichtbrennbare (!) Möbel erlaubt.

Ein Gutachter (ö.b.u.v. Sachverständiger für Brandschutz) hat daraufhin (mit der Auflage u.a. der Installation zusätzlicher Rauchmelder) Polstermöbel der Klasse P-a, Papierkissentest gemäß DIN 66084 "erlaubt", die die Feuerwehr "dulden" würde... (u.a. da der Sachverständige mit die Haftung übernimmt, etc..).

Da die Stühle jedoch gemäß DIN 4102 "B1" bestellt wurden - werden wir ggf. keine Zertifikate gemäß DIN 66084 bekommen können (die Firma versucht noch beide Zertifikate zu bekommen).

Jetzt stehe ich demnächst wahrscheinlich vor dem Problem eine Empfehlung geben zu müssen, ob "B1" mit "P-a, Papierkissentest" gleichzusetzen ist, bzw. ob es auch vertretbar wäre, dass die Möbel aufgestellt werden, wenn "nur" B1-Zertifikate der einzelnen Komponenten des Stuhles vorliegen und kein Zertifikat gemäß DIN 66084?

Erschreckend war, was als angebliche B1-Zertifikate des Büroeinrichters eingereicht wurde... Zertifikate gemäß ÖNORM, mit Gültigkeit bis April 2012, etc... die sollten sich doch eigentlich damit auskennen..

Eigentlich hätte ich erwartet, dass die Firma nach der Bestellung darauf hinweist, dass ein Zertifikat gemäß DIN 66084 für den Polsterstuhl sinnvoller ist als ein Zertifikat gemäß DIN 4102 (Stichwort "Baustoffklassifizierung")...

Hat jemand schonmal ähnliche Probleme gehabt und wie wurden die ggf. gelöst?

VG,
Christian

clammer
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Re: Klassifizierung von Möbeln (DIN 66084 vs. DIN 4102)

Beitragvon clammer » Di 19.11.2013 17:40

Hallo,

wir setzen, wenn notwendig, tatsächlich Möbel mit den Baustoffklassen B1 oder A (nach DIN 4102) ein.

Ich weise darauf hin, dass, wenn die Baugenehmigung explizit nichtbrennbare Möbel vorsieht, dies auch bindend ist. Ihr "Gutachter" steht nicht über der Baubehörde!

Gruß
C. Lammer

P.S. Die Normen DIN 54341 und DIN 66084 sind bauaufsichtlich nicht eingeführt, und, wenn, Baustoffklasse A oder "nichtbrennbare Bauatoffe" gefordert, nicht gleichwertig. Dies trifft immer dann zu, wenn in der Baugenehmigung explizit Eigenschaften an Bautoffe gestellt werden.

ChristianM

Re: Klassifizierung von Möbeln (DIN 66084 vs. DIN 4102)

Beitragvon ChristianM » Mi 20.11.2013 7:42

Hallo,

Dankeschön!

Wäre ich vor der Bestellung der Möbel befragt worden, hätte ich auch auf nicht brennbare bestanden. Jetzt steh ich vor dem Problem, den "Schaden" für die "eigene" Firma natürlich so gering wie möglich zu halten - oder bilde es mir zumindest ein...

Die Feuerwehr hat schon ihre Bereitschaft erklärt, wenn die Möbel P-a gemäß DIN 66084 wären - so wie der Gutachter/Sachverständige es in seiner Stellungnahme gefordert hat - bei zukünftigen Brandschauen nicht als Mangel aufzuschreiben, da der Sachverständige damit mit die Haftung übernehmen würde.

Die Baubehörde hat sich zu dem Thema noch nicht gemeldet und kann natürlich eine andere Meinung haben und durchsetzen.

Ich hatte jetzt nur gehofft, dass B1 mit P-a oder P-b vergleichbar wäre, dann wäre es für diejenigen, die die Entscheidung treffen müssen, einfacher. ;-)

Danke und Gruß!
Christian

Lumpenfrosch

Re: Klassifizierung von Möbeln (DIN 66084 vs. DIN 4102)

Beitragvon Lumpenfrosch » Mo 17.02.2014 19:46

Hallo,

ich bin Objekteinrichter und ein neues Mitglied in diesem Forum.
Das was hier angesprochen wird, ist ständig ein "Zankapfel" in Ausschreibungen, wenn Möbel für B1-Bereiche beschafft werden sollen.
Oft hat der Ausschreibungsverfasser nicht das entsprechende Hintergrundwissen, was die Anwendbarkeit von DIN 4102 auf Möbel anbetrifft und schreibt
einfach "B1 Möbel" aus.
Mal davon abgesehen, dass der Stuhl oder das Sofa nicht in den Brandschacht passt, handelt es sich bei Möbeln immer um einen Verbund von
Baustoffen, die zwar für sich durchaus nach DIN 4102 auf Schwerentflammbarkeit getestet werden können. Die Praxis zeigt aber, dass selbst ein Möbel,
welches komplett aus Materialien besteht, die nach DIN 4102 getestet wurden, nicht automatisch den schon zitierten Papierkissentest nach DIN 54341
und einer angestrebtem Einstufung nach DIN 66084 Pb-a bestehen muss.
Angeregt durch eine Schulung durch Herrn Zachäus; Laborleiter vom Prüfinstitut Exova Warringtonfire Frankfurt (exova.com) zum Thema Brandschutz
bei Möbeln haben wir das Thema aufgegriffen, vertieft und auf der neuen Website http://www.schwer-entflammbare-moebel.de unsere Sicht auf diese Dinge dargestellt.
Diese möchte ich hiermit Ihnen als DAS FACHPUBLIKUM vorstellen.
Die Informationen der Site sind in erster Linie für Nutzer/Beschaffer und Planer/Innenarchitekten gedacht.
Ich bitte um rege Diskussion, ob unseren Argumentationen auch ein Brandschutzbeauftragter folgen kann.
Sehr gern nehme ich Hinweise auf, die zur Verbesserung des Informationsangebotes dieser Site beitragen.
Ich freue mich auf Ihre Beiträge

Peter Scholz
Büroland Objekteinrichtungen Dresden

clammer
Beiträge: 607
Registriert: Di 29.07.2003 16:39

Re: Klassifizierung von Möbeln (DIN 66084 vs. DIN 4102)

Beitragvon clammer » Fr 21.02.2014 17:42

Die Aussagen von Herr Scholz sind grundsätzlich richtig. Das Problem beginnt jedoch vielfach nicht bei der Ausschreibung, sondern bei der Baugenehmigung.
Dass ein Möbel keine Baustoffklasse erfüllen kann, ist unbestritten. Deshalb wird ja auch zwischen Baustoffen und Bauteilen unterschieden.
Im Gegensatz zur den anderen zitierten Normen ist die DIN 4102 bauaufsichtlich eingeführt und damit bindend.

Wenn also eine entsprechende Auflage in der Baugenehmigung gemacht wurde, kann diese nur die zuständige Bauaufsichtsbehörde "korrigiert" werden; d. h. sie müsste geändert werden.

Gruß
C. Lammer