Bestandsschutz

LBO, MBO u. andere Bauvorschriften, Feuerschutzabschlüsse, Flucht- und Rettungswege etc.
Frank Fleischhauer

Bestandsschutz

Beitragvon Frank Fleischhauer » Do 15.04.2004 13:43

Hallo Kollegen,
mal eine neue Erkenntnis zum Thema Bestandschutz:
In einem Hochhaus mit 16 OG (Baujahr ca. 1950) sind
- die Flure in den Geschossen nicht vom Treppenraum abgeteilt,
- brennbare abgeh. Decken in den Fluren eingebaut,
- die Wohnungseingangstüren sind Holztüren mit Glasauschnitt,
- die Leitungsverlegung entspricht natürlich auch nicht dem heute üblichen Standard,
- Steigeschächte durch das gesamte Gebäude in den Geschossebenen nicht geschottet,
- und ein zweiter baulicher Rettungsweg nicht vorhanden.
Das zuständige Bauamt sieht hier auf schriftliche Anfrage keine Handlungsmöglichkeit, da eine konkrete Gefährdung nicht vorliege und daher Bestandsschutz bestehe!
"Und nun kommst du."
MfG F. Fleischhauer :kugel:

Schaeffer

Hochhaus

Beitragvon Schaeffer » Do 15.04.2004 16:41

Hallo Herr Fleischhauer,
finde ich stark! Vom Bauamt wohnt aber nicht zufällig jemand in dem Gebäude? Hoffentlich erlaubt sich da nicht mal ein enttäuschter oder verstossener Mieter eine "Zündelei".
Ich bin sicher, in China würden dann Köpfe rollen. Und in unserem Musterstaat?????
Mit kollegialen Grüssen
Peter Schäffer

Frank Fleischhauer

Bestandsschutz

Beitragvon Frank Fleischhauer » Do 15.04.2004 16:55

Hallo Herr Schäffer,
in dem Gebäude wohnen "soziale Randgruppen" und die haben eben keine Lobby!! :wein:
Und gebrannt hat es schon mehrfach. Die Feuerwehr hat in einem Fall das komplette Gebäude räumen müssen, was nicht ganz einfach war. Aber die zuständigen Mitarbeiter im VB können eben selber nicht mehr machen, als die Bauaufsicht auf die Zustände hinzuweisen.
Ich hoffe jetzt natürlich, dass nicht irgendwelche Bauamtsmitarbeiter oder Verwaltungsrichter in Widerspruchsverfahren den Bestandsschutz ähnlich weit auslegen, denn dann wäre man als Fachplaner ganz schön angeschmiert. Aber ich denke, das bekannte Urteil aus Münster gibt wohl eher die richtige Richtung vor.
Im übrigen soll der Bestandsschutz nach Aussage des Bauamtes vom OVG bestätigt worden sein, weil der Bauherr gegen Auflagen der Bauaufsicht geklagt habe. Ich weiss, ist schwer vorstellbar.
MfG F. Fleischhauer

Wolfgang Cordier

Beitragvon Wolfgang Cordier » Sa 17.04.2004 16:28

Hallo Herr Fleischhauer,

habe ein ähnliches Thema unter http://www.brandschutzforum.net/viewtopic.php?t=469 angesprochen. Die Zustände sind dort wahrscheinlich nicht einmal so schlimm wie in Ihrem wenn man eine fehlenden 2. RW nicht ohnehin als das schlimmste betrachtet.

Ich selbst bin Leiter einer Brandschutzdienststelle. In unserem fall wurde in den Hochhäusern eine Brandschau durchgeführt. Im rahmen des Mängelberichtes an die Bauaufsicht wurde expliziert eine "konkrete Gefahr" von mir beschrieben (Fehlender 2. Rettungsweg) aus der dann ein Anpassungsverlangen nach § 87 (1) BauO NRW abgeleitet wurde.

Derzeit sind Brandschutzgutachter beauftragt eine Lösung für das Problem zu finden. Die Bauaufsicht denkt sogar darüber nach eine Nutzungsuntersagung auszusprechen, wenn die Brandschutzgutachter nicht in angemessener Zeit zu akzeptabelen Lösungen kommen.

Gruß
Wolfgang Cordier

Frank Fleischhauer

Bestandsschutz

Beitragvon Frank Fleischhauer » Mo 19.04.2004 10:08

Hallo Herr Cordier,
die in diesem Fall zuständige Bauaufsicht hat auf meinen schriftlichen Hinweis auf die Mängel und ein nachfolgendes Telefonat ausdrücklich keine Handhabe für eine Nutzungsuntersagung gesehen. Bei einem anderen Gebäude im gleichen Bundesland wurde jedoch bei einem von mir bearbeiten Objekt mit wesentlich geringeren Mängeln eine Nutzungsuntersagung angedroht, wenn nicht bis zu einem Stichtag ein Bauantrag mit Brandschutzkonzept vorgelegt würde. Allerdings muss man hier sagen, das beim zweiten Objekt Auflagen aus der ursprünglichen Baugenehmigung nkicht eingehalten wurden. Die Gefährdung war jedoch aufgrund einer besseren Rettungswegsiuation deutlich geringer.
MfG F. Fleischhauer

ibkoeppen

Beitragvon ibkoeppen » Mi 21.04.2004 10:43

Hallo allerseits -

ziemliche Zwickmühle. Wenn man hier als Verantwortlicher involviert ist, hat man irgendwie den schwarzen Peter.
Was ist denn, wenn bei einem Brand Menschen zu Schaden kommen?
- dann wird der Eigentümer angeklagt (dann ist das Bestandsschutzurteil Altpapier)
- dann wird sicher geprüft, inwieweit das Amt hätte Forderungen aufmachen müssen
- dann wird eine Mitverantwortung weiterer Beteiligter geprüft.
Als irgendwie Brandschutz-Fachmann, der hier einbezogen ist, wird man nicht umhinkommen, auf diese Konsequenzen hinzuweisen und auf Änderung zu drängen, Urteile (die am grünen Tisch gefällt wurden) hin oder her.

Irgenwie eine kindische Einstellung des Betreibers (Vogel Strauß) bzw. keine Phantasie, sich den realen Fall vorzustellen.

Michael Koeppen
Brandschutzfachplaner

Frank Fleischhauer

Beitragvon Frank Fleischhauer » Mi 21.04.2004 17:45

Hallo Herr Koeppen,
- dann wird eine Mitverantwortung weiterer Beteiligter geprüft.
Ich denke, eine rechtliche Verantwortung haeb ich aufgrund meines Schreibens an die zuständige Bauaufsicht nicht. Aber ein schlechtes Gefühl bleibt natürlich.

Als irgendwie :???: Brandschutz-Fachmann, der hier einbezogen ist, wird man nicht umhinkommen, auf diese Konsequenzen hinzuweisen und auf Änderung zu drängen, Urteile (die am grünen Tisch gefällt wurden) hin oder her.

Können Sie mir weitere Möglichkeiten der Einflussnahme aufzeigen?

Irgenwie eine kindische Einstellung des Betreibers (Vogel Strauß) bzw. keine Phantasie, sich den realen Fall vorzustellen.

Die Einstellung des Betreibers ist wahrscheinlich leider nicht kindisch oder phantasielos sondern "geldg...".

Mit freundlichen Grüßen

Frank Fleischhauer
auch Brandschutzfachplaner

Wolfgang Cordier

Beitragvon Wolfgang Cordier » Mi 21.04.2004 21:11

Hallo,

ich sehe das genau so.
Aus Sicht des Brandschutzfachmannes ist es die Pflicht, die Bauaufsicht auf die Mängel hinzuweisen und ggf. noch die erhebliche bzw. konkrete Gefahr darzustellen. Gegenüber der Bauaufsciht haben mir hier schon mal die Darstellung möglicher Szenarien geholfen.

Dann aber bin ich auch der Meinung liegt die Verantwortung bei der Bauaufsicht. Sie allein kann hier als zuständige Ordnungsbehörde mittel bis hin zum Zwang einsetzen.

Für den Brandschutzfachmann halte ich eine sorgfältige Dokumenation und einen klaren schriftwechsel mit der Bauaufsicht für wichtig.

Dem Fachmann brauche ich sicherlich nicht zu sagen, wie unverständlich mir die Einstellung und Einschätzung der Bauaufsicht ist.

Gruß
Wolfgang Cordier