Rauchdichte Aufzugsanlagen?

LBO, MBO u. andere Bauvorschriften, Feuerschutzabschlüsse, Flucht- und Rettungswege etc.
Matthias Hambrock

Rauchdichte Aufzugsanlagen?

Beitragvon Matthias Hambrock » Sa 24.01.2004 22:58

Moin, Moin Forum,

da ich neu in diesem Forum bin, möchte ich mich zunächst kurz vorstellen. Mein Name ist Matthias Hambrock, ich bin Architekt in Oldenburg (Niedersachsen) und versuche mich gerade weiterzubilden in Richtung Sachverständiger für den vorbeugenden Brandschutz.

Folgedendes Problem beschäftigt mich seit längerem, da ich hier keine rechtssichere, verbindliche Lösung finde. Beispiel: In einem feuerbeständigen Aufzugschacht werden Türen entsprechend DIN 18090 bzw. DIN 18091 eingebaut. Diese Türen sind ja bekanntermaßen nicht rauchdicht, sie gelten lediglich als feuerbeständig.

Vielfach wird die Meinung vertreten, dass in einem Brandfall Rauch ruhig in den Aufzugschacht eindringen kann, denn das notwendige "Loch" in der Überfahrt wird die Sache schon richten. Dort tritt der Rauch auf Grund des "Kamineffektes" wieder aus, ohne dass andere Geschosse davon betroffen werden. Daher ist es auch nicht wichtig, dass die Aufzugtüren rauchdicht sind. So weit so gut.

Eine andere Meinung besagt, dass das Loch in der Überfahrt in erster Linie dazu dient, den entstehenden Über- bzw. Unterdurck beim Fahren des Aufzuges zu kompensieren. Jeder der sich mal mit der Rauchentwicklung beschäftigt hat weiss, dass durch das kleine Loch die unter Umständen entstehende enorme Rauchmenge gar nicht abgeführt werden kann. D.h., dass eine Aufzugsanlage an einem notwendigen Flur durchaus zu einer Verrauchung der darüberliegenden Flure führen kann. Dieser Meinung würde ich mich anschliessen, da des Weiteren für einen ausreichenden Kamineffekt eine entsprechende Nachströmöffnung an der Aufzugsunterfahrt notwendig ist, die aber üblicherweise niemals hergestellt wird.

Tja und jetzt die Gretchenfrage Nr.1: Die Bauordnungen behandeln dieses Thema nicht eindeutig. Meines Wissens gibt es lediglich in NRW ein paar Aussagen dazu, so dass hier zumindest ein separater Flur vor dem Aufzug gefordert wird. In Brandenburg z.B. wird verlangt (nur Bauten nach BbgKPBauV), dass an einem notwendigen Flur direkt ein Aufzug liegend muss (ohne Vorraum!). Wie soll ich also in Zukunft mit diesem Thema umgehen, so dass ich gegenüber Bauherren und dem vorbeugenden Brandschutz rechtssicher argumentieren kann?

Wenn ich nach Meinung 1 verfahre, könnten z.B. in Wohnhäusern auch Aufzugsanlagen möglich sein, die direkt in einer Wohneinheit halten. Technisch ist das Problem, des unberechtigten Haltens in einer Wohnung durch einen Schlüsselschalter zu bewerkstelligen.

Eine weitere Gretchenfrage/Beispiel Nr.2 zu diesem Thema: In Brandenburg plane ich derzeit ein Altenpflegeheim. Nach der BbgKPBauV müssen je Geschoss zwei Brandabschnitte vorgesehen werden. Des weiteren fordert die Feuerwehr, dass in jedem Brandabschnitt ein Aufzug vorgesehen werden muß. Der Betreiber fordert, dass die Aufzuganlagen direkt nebeneinander liegen müssen. Also plane ich die Brandwand genau zwischen die beiden Aufzugschächte. Der Flur wird durch ein F90-Schiebetor abgetrennt. Nun liegt in jedem Brandabschnitt ein Aufzug. Folgende Probleme treten auf:

1. Im EG sind die Aufzüge Durchlader. Damit liegt eine Aufzugtür direkt im Verlauf der Brandwand. Ist das zulässig?

2. Die Aufzugschachttüren halten vom Schiebetor nicht die üblichen 2,5m Abstand ein. Ist das zulässig?

Ich bin gespannt auf Ihre Meinung und verbleibe

mit freundlichem Gruß
Matthias Hambrock

:???:

ibkoeppen

Beitragvon ibkoeppen » Mo 26.01.2004 15:48

Hallo, Herr Hambrock!

komplexes Thema ... ohne Anspruch auf Vollständigkeit versuche ich einmal meine Sicht als "Fachplaner und Freier Sachverständiger f. vorbeugenden Brandschutz" darzulegen.

Den Bauordnungen reichen tatsächlich in den meisten Fällen Fahrschachttüren nach DIN ..., auch wenn diese keine Rauch- oder Brandschutztüren darstellen. Dies ist dann auch "rechtssicher".
Im realen Brandfall wird die Verrauchung ja auf jeden Fall behindert
(Rauch muß 2 Fahrschachttüren und Fahrkorb überwinden) und durch den
Rauchabzug des Fahrschachtes abgeleitet (Fahrschacht muß dafür aber unten Zuluft haben).

Will man ein höheres Sicherheitsniveau, z.B. im Altenpflegeheim, ordnet man vor den Aufzügen einen Aufzugsvorraum mit Rauchschutztüren an
(analog der Krankenhausbaurichtlinie).

Für Ihren Fall der Brandwand würde ich sagen, hierfür taugen Fahrschachttüren keinesfalls. Zusätzlich zur Fahrschachttür muß dann irgendwo eine T90-Tür hin (bzw. in bestimmten Fällen auch T30-RS zulässig). Dann kann eben die Brandwand nicht die Schachtwand sein!

Vielleicht hat das zunächst mal weitergeholfen oder auch
eine Diskussion angeregt.

mfG
Michael Koeppen

Matthias Hambrock

Beitragvon Matthias Hambrock » Di 27.01.2004 1:31

Hallo Herr Koeppen,

ich bleibe mal ganz provakant auf meiner Linie, die ich gedenke gegenüber dem BOA einzuhalten.

Also:

1. der Flur ist brandlastenfrei. In einigen VO und LBO´s werden zusätzlich Rauchabzüge für innenliegende Flure verlangt. In Brandenburg schreibt das die BBgPKBauV im übrigen vor. Also, warum nun ein Aufzugsvorraum?

2. In der DIN 18090 und DIN 18091 steht zu lesen, dass die Türen zugelassen sind für Schächte deren Wände mindestens feuerbeständig sein müssen. Nun gehe ich mal davon aus, dass diese Türen doch mindestens T30 aufweisen. Bei einem Durchlader würde dies bedeuten 2 x T30. Dies entspricht einer Schleuse in einer fb-Wand. Also warum nicht in der Brandwand, zumal der Flur brandlastenfrei und rauchfrei ist?

Gruß
Matthias Hambrock

Matthias Hambrock

Beitragvon Matthias Hambrock » Di 27.01.2004 13:01

Hallo Allerseits,

über Nacht kommen einem doch tatsächlich gute Gedanken. Warum habe ich das nicht schon längst gemacht?

Ich habe heute erst einmal ein paar Aufzughersteller kontaktiert. Sobald Antworten da sind, werde ich die Ergebnisse hier veröffentlichen.

Gruß
Matthias Hambrock

ibkoeppen

Beitragvon ibkoeppen » Mi 28.01.2004 13:04

Hallo, Herr Hambrock -

ich will einfach noch mal etwas einwerfen, obwohl ich den konreten Grundriß nicht kenne ...

Hat die Feuerwehr die beiden Aufzüge zur Evakuierung gefordert? Hat
sie dann nicht Feuerwehraufzüge gefordert? (anderes würde ja keinen Sinn ergeben, da normale Aufzüge ja im Brandfall nicht zu benutzen sind)

Oder erhalten die Aufzüge eine Evakuierungsschaltung, daß sie bei Ansprechen der BMA in's EG fahren und die Türen öffnen? Dann wäre wieder die Sache mit der Brandwand bedenklich.

Letztendlich glaube ich, daß es hier mehr auf die nochmalige Abstimmung des Rettungs- und Evakuierungskonzeptes mit der Feuerwehr ankommt, und die bauliche Brandabschnittsbildung erst danach kommt (ist in den Obergeschossen, wie ich es verstanden habe, ja geklärt, nur im EG noch nicht).

mfG
M. Koeppen

ibkoeppen

Beitragvon ibkoeppen » Mi 28.01.2004 13:07

P.S.:

Achso - im EG kann natürlich evtl. erleichternd eine bessere Rettungswegsituation als in den Obergeschossen hinzukommen, dies
könnte die Sache entschärfen.
Gibt es im EG mehr Ausgänge als in den OG?
Kann im EG auch von einer Rettung über die (ebenerdigen) Fenster
Gebrauch gemacht werden?

M. Koeppen

Matthias Hambrock

Beitragvon Matthias Hambrock » Mi 28.01.2004 19:32

Hallo Herr Koeppen,

in der BbgKPBauV § 12 wird verlangt:
- ab 100 Betten mind. 2 Aufzüge
- Mehrere Bettenaufzüge sind so anzuordnen, dass im BGefahrenfall ein Brandabschnitt mit einem nicht durch Feuer und Rauch gefährdeten Bettenaufzug erreicht werden kann.

Ein Feuerwehraufzug ist nicht erforderlich.

Dieser Aufzug dient der Evakuierung nach (!) dem Katastrophenfall.

Gruß
Matthias Hambrock