Brandschutztüre offenhalten

LBO, MBO u. andere Bauvorschriften, Feuerschutzabschlüsse, Flucht- und Rettungswege etc.
TobiB

Brandschutztüre offenhalten

Beitragvon TobiB » Do 25.07.2019 7:16

Hallo zusammen,

wir haben bei uns den Fall, dass einer unserer Besprechungsräume direkt an eine Brandwand angrenzt. Zugang in diesen Besprechungsraum erfolgt über eine Brandschutztüre, welche über keine Feststelleinrichtung verfügt. Nachdem nach einer Weile in diesem Raum die Luft recht stickig wird, hat sich eingebürgert, die Zugangstür mit einem Stuhl offenzuhalten.

Meine Hinweise, dass dies unzulässig sei, verhallte bislang ungehört. Das liegt wohl auch mit daran, dass unsere Fachkraft für Arbeitssicherheit die Meinung vertritt, dass das Offenhalten mit einem Stuhl durchaus in Ordnung sei, solange sich Personen in dem Besprechungsraum aufhalten würden, die den Stuhl im Brandfall entfernen. Meiner Meinung nach trifft dies aber nicht zu, da sich organisatorisch nie hinreichend sicherstellen lässt, dass der Stuhl auch wirklich entfernt wird.

Wie ist die Meinung des Forums zu dem Thema?
Ist die Rechtslage zu dem Thema eindeutig, oder ist Platz für einen gewissen Spielraum?

Viele Grüße

Tobi

THE
Beiträge: 125
Registriert: Do 28.12.2017 16:53

Re: Brandschutztüre offenhalten

Beitragvon THE » Do 25.07.2019 7:38

Im §145 StGB steht nichts dazu, dass bei der Anwesenheit von Personen eine Ausnahme gemacht werden darf:

(2) Wer absichtlich oder wissentlich
1. [...]
2. die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Schutzvorrichtungen [...] unbrauchbar macht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 303 oder § 304 mit Strafe bedroht ist.

http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__145.html

Eine Brandschutztür ist eine Schutzvorrichtung, der Bürostuhl macht sie unbrauchbar.



Aber man kann auch wesentlich niedrigschwelliger ansetzen:
1) Gibt es eine Brandschutzordnung? Dort ist doch bestimmt auch geregelt, dass Brandschutztüren nicht aufgekeilt werden dürfen.
2) Mit §9 Abs. 1 Punkt 2 ArbStättV sind wir zumindest bei einer Ordnungswidrigkeit, bei Vorsatz (Abs.2) ist es dann auch strafbar.
http://www.gesetze-im-internet.de/arbst ... 4/__9.html
Zuletzt geändert von THE am Mi 15.01.2020 9:15, insgesamt 1-mal geändert.

B Hujer
Beiträge: 110
Registriert: Di 13.12.2016 22:02
Wohnort: Marktoberdorf

Re: Brandschutztüre offenhalten

Beitragvon B Hujer » Do 25.07.2019 8:36

THE hat geschrieben:Im §145 steht nichts dazu, dass bei der Anwesenheit von Personen eine Ausnahme gemacht werden darf:

(2) Wer absichtlich oder wissentlich
1. [...]
2. die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Schutzvorrichtungen [...] unbrauchbar macht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 303 oder § 304 mit Strafe bedroht ist.

http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__145.html

Eine Brandschutztür ist eine Schutzvorrichtung, der Bürostuhl macht sie unbrauchbar.



Aber man kann auch wesentlich niedrigschwelliger ansetzen:
1) Gibt es eine Brandschutzordnung? Dort ist doch bestimmt auch geregelt, dass Brandschutztüren nicht aufgekeilt werden dürfen.
2) Mit §9 Abs. 1 Punkt 2 ArbStättV sind wir zumindest bei einer Ordnungswidrigkeit, bei Vorsatz (Abs.2) ist es dann auch strafbar.
http://www.gesetze-im-internet.de/arbst ... 4/__9.html


Damit ist eigentlich alles gesagt.
Will man die Tür trotzdem offen halten, sollte man die Zulassung der Türe raussuchen und nach zugelassenen Obentür- oder Freilaufschließanlagen schauen und eine solche nachrüsten.

THE
Beiträge: 125
Registriert: Do 28.12.2017 16:53

Re: Brandschutztüre offenhalten

Beitragvon THE » Mi 31.07.2019 15:54

B Hujer hat geschrieben: ...zugelassenen Obentür- oder Freilaufschließanlagen schauen und eine solche nachrüsten.


bäääääh - sowas kostet doch nur unnötig Geld, der bewährte Stuhl ist viel günstiger ... [ironieaus]

B Hujer
Beiträge: 110
Registriert: Di 13.12.2016 22:02
Wohnort: Marktoberdorf

Re: Brandschutztüre offenhalten

Beitragvon B Hujer » Do 01.08.2019 13:45

THE hat geschrieben:
B Hujer hat geschrieben: ...zugelassenen Obentür- oder Freilaufschließanlagen schauen und eine solche nachrüsten.


bäääääh - sowas kostet doch nur unnötig Geld, der bewährte Stuhl ist viel günstiger ... [ironieaus]


Der bewährte Stuhl braucht aber auch länger im Brandfall um die Türe zu schließen und kann dem Versicherer somit sehr viel mehr Geld sparen, als es ein OT- oder FL-Schließer tun würde... :zwink:

Es ist doch überall das gleiche. :wein:

Wolle

Re: Brandschutztüre offenhalten

Beitragvon Wolle » Do 30.01.2020 17:45

Moin,
wenn jemand zu Schaden kommt, drohen 2 Jahre Gefängnis.
Ein Anwalt sagte: "Kein Geld, ist kein Recht"
Schriftlich den Vorschlag einreichen, bei Ablehnung ist
es "grobe Fahrlässigkeit", also bewußte Inkaufnahme von Personenschäden
und da verlieren Richter den Humor.
Ich persönlich würde meine Fingerabdrücke
eher demonstrativ vom Stuhl abwischen.

Viele Grüße
Wolle

THE
Beiträge: 125
Registriert: Do 28.12.2017 16:53

Re: Brandschutztüre offenhalten

Beitragvon THE » Fr 31.01.2020 8:42

Wolle hat geschrieben:wenn jemand zu Schaden kommt, drohen 2 Jahre Gefängnis.


Liegt eine konkrete Gefährdungslage vor (und das ist bei einer außer Kraft gesetzten Brandschutztüre der Fall, da man ja nach dem bekannten Urteil vom OVG Münster 10 A 363/86 vom 11.12.1987 jederzeit mit der Entstehung eines Brandes rechnen muss) und es werden Leben und Gesundheit (=> Rauchgasintoxikation) von Arbeitnehmern bewusst gefährdet, ist bereits das eine Straftat nach §26 ArbSchG, ohne dass erst ein Unfall passieren muss.

Aber: wo kein Kläger, da kein Richter. Also müsste man erstmal den Arbeitgeber anzeigen, damit es auch zu einer Strafverfolgung kommen kann. Und wer als Arbeitnehmer macht das schon (außer, man hat einen neuen Job bereits in Aussicht ...)



Wolle hat geschrieben: Schriftlich den Vorschlag einreichen, ....

Auf eine außerkraftgesetzte Brandschutztüre hinzuweisen ist kein Vorschlag, sondern man kommt seinen (Melde-)Pflichten als Arbeitgeber nach §16 ArbSchG Abs. 1 nach. Das hat eine ganz andere rechtliche Bedeutung als nur ein "Vorschlag" :zwink: