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Zulässigkeit Elektrischer Türverriegelungen

Verfasst: Fr 10.10.2008 12:06
von ks
hallo zusammen,
folgendes Problem stellt sich bei der Planung von geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen, hier müssen Türen im Verlauf von Flucht- und Rettungswegen aus Sicherheitsgründen verschlossen sein. Gängige Praxis ist das manuelle Aufschließen der Türen durch Personal, auch im Gefahrenfall. Eine bessere Möglichkeit der Sicherung bieten elektrische Tür-Verriegelungssysteme gemäß der Richtlinie über elektrische Verriegelungssysteme von Türen in Rettungswegen (EltVTR). Diese ist Bestandteil der Bauregelliste Teil A, die Produkte stellen somit geregelte Bauprodukte dar. In der geschlossenen Psychiatrie muss jedoch aufgrund der Missbrauchsgefahr auf den in der Richtlinie geforderten NOT-AUF-TASTER an der Tür verzichtet werden. Eine Anordnung des Tasters ist z.B. im Schwesterndienstzimmer oder in einer Leitwarte möglich, von der aus eine Freischaltung der Türen im Gefahrenfall erfolgt.
Über die Zulässigkeit gibt es seitens der Hersteller und Bauaufsichten unterschiedliche Auffassungen:
Stellt der Verzicht des Not-Auf-Tasters an der Tür eine wesentliche Abweichung von den technischen Regeln dar, die eine Zustimmung im Einzellfall der obersten Bauaufsicht für das Fluchttürsteuersystem erforderlich macht? oder
Ist in der Anordnung des Nottasters in einem für Patienten unzugänglichen Bereich „nur“ eine konzeptionelle Änderung zu sehen, für die im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens eine Zustimmung der unteren Bauaufsicht ausreichend ist, da das Schutzziel der Flucht- und Rettung trotzdem gewährleistet werden kann und die Abweichung durch organisatorische Maßnahmen (dauerhafte Anwesenheit von Personal an einer ständig besetzten Stelle) kompensiert werden kann?

vielen Dank für Meinungen und weitere Hinweise!

Verfasst: Fr 10.10.2008 20:23
von Sugus
Hallo ks!

Auch wenn ich die Frage nach der Zulasung nicht beantworten kann, einige Gedanken dazu:

Eine geschlossene psychatrische Abteilung ist imho ähnlich zu betrachten, wie ein Gefängnis, denn auch hier sind Personen in ihren Grundrechten eingeschränkt, nur der Grund ist ein anderer - oder der Anwalt...

In JVAen gbt es ja schließlich auch keine Druckknopfmelder mit automatischer Türöffnung.

Das BSK muß auf jeden Fall auf diesen sensiblen Bereich eingehen. Ggf. ist hier sogar eine Güterabwägung zwischen der Unversehrtheit der von einem Brandfall betroffenen und der öffentlichen Sicherheit zu treffen.

Viel besser ist natürlich die Schaffung eines zweiten Rauchabschnittes innerhalb der geschlossenen Station mit entsprechender organisatorischer Anpassung - dann kann die Tür auch zu bleiben.

Sehr vereinfacht ausgedrückt das Ganze, aber die Kernaussage trifft es schon.

Verfasst: So 12.10.2008 15:25
von Jörn Klaas
Hallo ks,

natürlich müssen in allen Einrichtungen in denen Menschen gegen ihren Willen festgehalten werden so gebaut werden, dass Leben und Gesundheit nicht gefährdet werden, der Entstehung eines Brandes und der Ausweitung von Rauch vorgebeugt wird und die Rettung von Menschen und wirksame Löscharbeiten Möglich sind. Es gelten die gleichen Vorgaben wie in jedem anderen Bereich auch.
Bei geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen handelt es sich um Sonderbauten für die es keine Sonderbauverordnung gibt. Es obliegt dem Brandschutzplaner die oben genannten Anforderungen zu erfüllen. Vielfach lassen sich die gängigen Techniken, wie z.B. die selbstständigen Begehbarkeit eines Rettungsweges, aus Gründen der Zweckbestimmung dieser Gebäude nicht umsetzen. Dann muß auf anderen Wegen sichergestellt werden, dass in einem Brandfall niemand zu Schaden kommt. Unter Umständen kann es sogar sinnvoller sein die untergebrachten Personen nicht zu evakuieren, um keine Situationen zu schaffen, die nicht mehr beherrschbar ist. Dabei muss aber die Bausubstanz gewährleisten, dass Patienten in ihren Zimmern nicht gefährdet werden.
Pauschale Aussagen zu solchen Sachverhalten sind nicht möglich. Es muss gemeinsam mit dem Betreiber nach einer Lösung gesucht werden. Dabei lassen sich viele Dinge nur organisatorisch lösen, zumal in solchen Gebäuden viele Anforderungen aufeinander treffen. Dies muß dem Betreiber aber auch eindeutig so mitgeteilt werden(z.B. in der Brandschutzordnung). Kompromisse in diesem Bereich können schnell in einer Katastrophe enden (man erinnere sich an den Gefängnisbrand in Amsterdamm).
Mit freundlichen Grüßen
Jörn Klaas