FM-200 oder N2

Gefahrenmeldeanlagen, Löschanlagen, RWA, Feuerlöscher, Hydranten, FSA etc.
Rainer2006

FM-200 oder N2

Beitragvon Rainer2006 » Do 29.06.2006 11:47

Hallo Forum,
wir (die IT-Abteilung) beschäftigen und seit einiger Zeit mit dem Thema Serverraumumbau. Zentrales Thema dabei ist der Brandschutz (Früherkennung und Löschung).
Wir haben bereits mit verschieden Firmen gesprochen, jeder rät zu einer anderen Lösung.
Scheinbar sinnvolle Lösungen sind N2 oder FM-200.

Hat jemand von Euch Erfahrungen mit dem einen oder anderen? Es wäre mal interessant Praxiserfahrungen zu lesen.

Danke!

Gruß
Rainer

Mathias Zimmer

Beitragvon Mathias Zimmer » So 02.07.2006 4:23

Hallo Rainer,

FM200 ist ein Halon, Stickstoff ein Inertgas. Also zwei recht unterschiedliche Gase mit gewissen Vor- und Nachteilen. Wenn Ihr diese beiden doch recht unterschiedlichen Stoffe schon für Euch als optimal ausgemacht habt, muß das ja Gründe haben. Kannst Du die vielleicht kurz umreissen?
Wäre insofern interessant, als dass es ja durchaus noch andere Inertgase und Halone gibt, die Ihr offenbar bereits ausgeschlossen habt.

Zum Thema "neue Halone" generell empfehle ich folgenden Bericht:

Substitution bestimmter umweltschädlicher Feuerlöschmittel in ausgewählten Anwendungsbereichen

Huter

re

Beitragvon Huter » So 02.07.2006 13:06

Hallo Mathias,

super Link, :supi: :stern:
sehr Interesant find ich die Erklärung der verschiedenen Löschmittel
da ich mit diesem Bereich bisher wenig zu tun hatte. :pst:

MfG
Stefan Huter

Mathias Zimmer

Beitragvon Mathias Zimmer » So 02.07.2006 17:06

Hallo nochmal,

interessant ist vielleicht auch besonders eine Stelle von den Seiten 10 und 11:

Die Zulassung des Löschmittels FM-200 erfolgte durch die Prüfstelle für Feuerlöschmittel beim MPA Sachsen unter der Zulassungs-Kenn-Nummer SP 28/97 für die Firma Kidde-Deugra entsprechend Prüfbericht Nr. 97-23-426/Ki02 vom 27.08.1997 [MPA 1997] mit nachfolgenden Eingrenzungen der Anwendung:

Der Einsatz des Löschmittels darf nur in geschlossenen Systemen und in Bereichen erfolgen, in denen
  • Brände nicht mit umweltfreundlicheren Löschmitteln bekämpft werden können und
  • gesundheitliche und anderweitige Beeinträchtigungen von Menschen durch ausströmende Löschmittel ausgeschlossen sind



FM-200 (= HFC-227ea = Heptafluorpropan) ist ein HFKW (fluorierter Kohlenwaserstoff - im Gegensatz zu frühreren Halonen ohne Brom und Chlor im Molekül), das, im Gegensatz zum ausschleßlich erstickenden Stickstoff, chemisch wirkt. Zum Löschen "zerbrechen" die Moleküle und rekombinieren wieder.
Bei diesen Reaktionen können immer auch unerwünschte Nebenprodukte entstehen - in diesem Fall beispielsweise Fluorwasserstoff und Fluorphosgen.
Ein nicht zu vergessender Nachteil wäre noch das recht hohe GWP (globales Erwärmungspotential) von FM-200 zu nennen, das z.B. gegenüber dem von Kohlendioxid 1500 mal höher liegt - es gibt auch noch höhere Schätzungen, je nach Betrachtungsansatz.
Steht aber alles auch in dem Bericht.

In meinen Augen gäbe es daher kaum Gründe, auf solche chemischen Löschmittel zurückzugreifen - lediglich das durch niedrigere Löschkonzentration und flüssige Lagerung deutlich kleinere Volumen des vorzuhaltenden Löschmittels gegenüber Inertgasen könnte man wohl als Vorteil sehen.

Rainer2006

Beitragvon Rainer2006 » Di 04.07.2006 10:23

Hallo Mathias,
vielen Dank erst mal für Deine Antwort.

Wenn man das Zitat liest könnte man meinen, daß wir FM-200 gar nicht einsetzen dürfen, aber wer prüft das???

Ein (zumindest bislang) schlagendes Argument ist der Preis, weniger als die Hälfte gegenüber Stickstoff.

Kennst Du unabhängige Stellen, die einem wirklich empfehlen was man braucht und nicht das was im Programm der Herstellers ist.

Gruß
Rainer

Vielleicht noch mal zum bisherigen Vorgehen: Wir haben drei Hersteller angeschrieben. Diese waren vor Ort und haben daraufhin ein Angebot abgegeben. Man kann also nicht sagen, daß wir bereits etwas ausgeschlossen hätten. Das Problem ist dabei sicherlich, daß jeder "seine Lösung" anbietet und man dadurch schwer vergleichen kann.

Mathias Zimmer

Beitragvon Mathias Zimmer » Di 04.07.2006 20:49

Hallo Rainer,

Rainer2006 hat geschrieben:Wenn man das Zitat liest könnte man meinen, daß wir FM-200 gar nicht einsetzen dürfen, aber wer prüft das???


ich kann Dir nicht sagen, ob sich seit dem Bericht etwas an der Rechts- bzw. Zulassungslage geändert hat.
Ob oder wer das "prüft", kann ich Dir nicht sagen. Ich würde vorher einfach mal bei den evtl. in Frage kommenden Ämtern (Brandschutz/Feuerwehr, Bauamt, Umweltamt) anfragen, wie die das sehen.

Rainer2006 hat geschrieben:Ein (zumindest bislang) schlagendes Argument ist der Preis, weniger als die Hälfte gegenüber Stickstoff.


Erstaunlich, hätte ich nicht gedacht. Trotzdem gibt es einige Nachteile (Umwelt, Toxizität), die man aber bei rein wirtschaftlicher Betrachtung wohl hintenanstellen würde.

Rainer2006 hat geschrieben:Kennst Du unabhängige Stellen, die einem wirklich empfehlen was man braucht und nicht das was im Programm der Herstellers ist.


Nein, leider nicht. Allgemein bewegen wir uns auch in eine andere Richtung - Stichworte Deregulierung, Bürokratieabbau und Gefährdungsbeurteilung...
Bis vor kurzem gab es Zulassungsstellen für Löschmittel, die sind aber m.W. alle Geschichte.

Rainer2006 hat geschrieben:Vielleicht noch mal zum bisherigen Vorgehen: Wir haben drei Hersteller angeschrieben. Diese waren vor Ort und haben daraufhin ein Angebot abgegeben. Man kann also nicht sagen, daß wir bereits etwas ausgeschlossen hätten. Das Problem ist dabei sicherlich, daß jeder "seine Lösung" anbietet und man dadurch schwer vergleichen kann.


Mir wären spontan einige Inertgase bzw. -gemische (Argon, Stickstoff, Inergen) sowie einige FKWs (siehe Bericht oder wikipedia.de unter "Halon") sowie CO2 eingefallen. Ich kenne für bestehende Rechnerräume einige CO2-Anlagen sowie für neuere Räume eher Argon-Anlagen.
Wer was warum und zu welchem Preis einbaut - das ist dann wohl die Frage.

Wenn es auf die billigste Lösung hinausläuft, wird wohl eben die billigste mögliche Lösung genommen werden, oder nicht?

Rainer2006

Beitragvon Rainer2006 » Mi 05.07.2006 8:21

Hallo Mathias,
der Preis ist natürlich schon sehr wichtig.

An erster Stelle steht aber der Punkt, daß die Anlage sicher und zukunftsfähig sein soll. Einen solchen Umbau macht man ja nicht alle Tage und wir möchten erreichen, daß wir mit dem neuen Raum min. 10 Jahre klarkommen. Die Brandschutztechnik soll natürlich auch für den Zeitraum zugelassen sein.
Dabei wissen wir z.Zt. noch nicht genau, ob die Richtlinie NFPA ausreicht oder ob wir besser nach VDS installieren sollen.
Bislang konnte mir noch niemand sagen, an welcher Stelle wir ohne VDS-Abnahme später Probleme bekommen können.
Aber das ist ein anderes Thema.

Vielleicht wäre es doch sinnvoll, mal externe Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Gruß
Rainer

Hermann

Serverraum

Beitragvon Hermann » Mi 05.07.2006 10:53

Hallo Rainer,
es gibt noch ein Löschgas geeignet für Serverraum dies heißt NOVEC 1230. Ist absolut Rückstandsfrei.
Nähere Auskunft kannst du dir bei haucke@ee-consult.com holen.
mfg Hermann

Mathias Zimmer

Re: Serverraum

Beitragvon Mathias Zimmer » Mi 05.07.2006 12:00

Hermann hat geschrieben:Hallo Rainer,
es gibt noch ein Löschgas geeignet für Serverraum dies heißt NOVEC 1230. Ist absolut Rückstandsfrei.
Nähere Auskunft kannst du dir bei haucke@ee-consult.com holen.
mfg Hermann


Ein Fluoriertes Keton, dazu steht auch ein wenig in dem Bericht.

Ergänzung: Löschgase sind idR. alle immer rückstandsfrei, das ist ihr großer gemeinsamer Vorteil - kein produktspezifischer.

Consultant

Beitragvon Consultant » Sa 08.07.2006 18:53

Rainer2006 hat geschrieben:Dabei wissen wir z.Zt. noch nicht genau, ob die Richtlinie NFPA ausreicht oder ob wir besser nach VDS installieren sollen.
Bislang konnte mir noch niemand sagen, an welcher Stelle wir ohne VDS-Abnahme später Probleme bekommen können.
Aber das ist ein anderes Thema.


Die Frage, ob und welche Abnahme erforderlich ist, können Sie ausschließlich mit Ihrer Versicherung klären, da die Ihnen dann möglicherweise Rabatte auf die Versicherungsprämie gewährt. Fragen Sie doch zur Abwechslung mal bei einem anderen Versicherer. Sehen Sie sich mal FM an: http://www.fmglobal.de/. Die Frage hinsichtlich eines in die Zukunft weisenden Bestandschutzes kann Ihnen ohnehin heute keiner beantworten. Und die VdS-Abnahme bietet Ihnen da nicht mehr Sicherheit, da es nicht um das System, sondern um die ggf. in fünf Jahren erkannten neuen Nebenwirkungen des Löschmittels geht.

BBI

Beitragvon BBI » Di 28.11.2006 16:48

Hallo Mathias Zimmer,

den Hinweis auf den Bericht fand ich super nur mit der Anmerkung :

- In der Zusammenfassung steht das der Einsatz von chemischen Löschgasen nicht erforderlich ist ,da es alternative Löschgase gibt. Ich vermisse den Hinweis auf den Personenschutz !
- Die angegebenen Daten nicht mit den des Herstellers sowie der Zulassungsstelle übereinstimmen.
- Ein Institut der Feuerwehr erstellt ein Bericht mit Fördermitteln des Umweltbundesamtes ?

Consultant

Beitragvon Consultant » Di 28.11.2006 19:12

Hallo Forum,

Zunächst möchte ich auf die Frage der Personengefährdung eingehen. Diese besteht nur dann, wenn im Fall der Auslösung der Löschanlage sich Personen in dem Raum aufhalten. Unterstellen wir mal, dass sich in dem Raum ständig Personen aufhalten, was für einen Serverraum untypisch ist, so sollte der Entstehungsbrand ggf. mit einem Feuerlöscher bekämpft werden können und auch Maßnahmen zur Abschaltung der betroffenen Geräte eingeleitet werden. Sind diese Erstmaßnahmen nicht erfolgreich, so ist ohnehin das Verlassen des Raumes dringend angeraten um die Beschäftigten nicht zu gefährden. Nur in sehr wenigen Fällen ist die Personenpräsenz gefordert um eine dringende Arbeitsfähigkeit zu sichern. Gegen den Einsatz von Sauerstoff verdrängenden Löschgasen ist also aus der Sicht des Personenschutzes nichts einzuwenden.

Die angegebenen Daten sollen nicht übereinstimmen. Wenn das so ist, dann nennen Sie die nach Ihrer Auffassung nicht übereinstimmenden Daten bitte.

Welche Einwände gibt es dagegen, dass ein Institut mit ein Gutachten für die Bundesregierunganfertigt?

Diese Angaben stellen ausschließlich meine persönliche Meinung dar, haben nicht den Charakter einer Beratung und erheben keinen Anspruch auf Rechtsverbindlichkeit.

BBI

Beitragvon BBI » Mi 29.11.2006 14:16

Hallo Consultant,

ist ein Raum mit einer Löschanlage geschützt so spricht man von Raumschutz.
Die Möglichkeit das sich ,auch wenn nur gelegentlich ,Personen in diesem Raum aufhalten ist generell nicht auszuschließen.
Typische Arbeiten z.B.: Datensicherung ,patchen ,Komponentenaustausch,Programmierung ect.
Ich kann nur dringend empfehlen die BGR 134 (früher ZH 1/206) bezüglich des Personenschutzes nachzulesen.
Denn ein leichtfertiger Umgang bezüglich Personenschutz kann mit tödlicher Sicherheit ins Auge gehen.


Die 3 chemischen Löschgase ,die ich derzeit kenne ,sind alle staatlich geprüft und zugelassen sowie mit allen Kennwerten zertifiziert worden.
Diese Kennwerte sind mit dem im Bericht genannten Werten teilweise stark abweichend. Siehe Datenblätter der Hersteller 3M sowie DuPont.

Die Zulassungen unterliegen der staatlichen Prüfung in Einvernehmen des Umweltbundesamt. Unter dieser Vorraussetzung kann ich mir die Berichterstellung eines Institutes nicht erklären.

Consultant

Beitragvon Consultant » Mi 29.11.2006 22:02

Hallo Forum,

die Anwendung der BGR 134 ist im Zusammenhang mit der BGI 888 zu sehen. Bei Löschgasen der Gefährdungsklasse I ist zwar eine Verzögerungseinrichtung nicht zwingend gefordert, jedoch durchaus angeraten. Siehe dazu Fußnote 1 zur Tabelle im Abschnitt 9 Sicherheitsmaßnahmen: „Unter Berücksichtigung psychologischer Gesichtspunkte sollte, wenn keine gewichtigen Gründe dagegen stehen, auch in diesem Fall eine zeitverzögerte Flutung mit Vorwarnzeit stattfinden. Aus Gründen des Sachwertschutzes ist dies ebenfalls angeraten, da der Löscheffekt durch das Öffnen von Türen während der Flutung negativ beeinflusst werden kann.“
Dem sei nur noch hinzuzufügen, dass die Evakuierung des Raumes in jedem Fall wegen der im Brandfall entstehenden Atemgifte angeraten ist. Die Verhaltensweise beim Auslösen von Raumschutzlöschanlagen ist daher weniger vom verwendeten Löschmittel, als von dem Brandereignis selber geprägt. Eine, wie von „BBI“ dargestellte erhöhte und unvertretbare Gefahr beim Einsatz von Löschanlagen mit Sauerstoffverdrängenden Löschgasen, ist daher nicht gegeben. Die Einhaltung von Verhaltensregeln Ist jedoch unabhängig vom Löschmittel geboten um Schäden für die Beschäftigten und andere Personen zu vermeiden. Die temporär in dem Raum befindlichen Personen haben, bis die Alarmierungseinrichtung der Löschanlage das Signal zum Verlassen des Raumes gibt, somit die Möglichkeit zur Bekämpfung von Entstehungsbränden, die sie durchaus während ihrer Tätigkeit bemerken können, bevor die Brandmeldeanlage diese registriert. Mit dem Alarmsignal der Löschanlage sind jedoch diese Tätigkeiten einzustellen und der Raum zu verlassen.

Es ist richtig, dass die chemischen Löschmittel zugelassen sind. Die Aspekte, die dieser Zulassung zugrunde liegen sind die Löschwirksamkeit und die Verträglichkeit für den Menschen. Bezüglich der Umweltverträglichkeit werden im Rahmen dieser Zulassung kleine gesonderten Prüfungen durchgeführt, da sich die Einsatzbeschränkungen aus deutschen und internationalen Vorschriften ergeben, die auf Grund der verstärkten Sensibilität für dieses Thema auch aktuell Veränderungen (Verschärfungen) unterliegen. Die vorliegende Zulassung entbindet daher den Hersteller und Anwender von Löschanlagen nicht davon bekannte schädigende Einflüsse auf die Umwelt zu berücksichtigen, auch wenn diese heute noch nicht zu Sanktionen führen.

Bezüglich der nach Ihrer Meinung abweichenden Werte sollten Sie mal konkreter werden, da sonst darauf nicht geantwortet werden kann.

Ihr fehlendes Verständnis für die Beauftragung eines anerkannten Institutes durch das Bundesumweltministerium zur Erstellung eines Berichtes kann ich nicht nachvollziehen. Meinen Sie, dass dieses Institut nicht kompetent dafür wäre?

Diese Angaben stellen ausschließlich meine persönliche Meinung dar, haben nicht den Charakter einer Beratung und erheben keinen Anspruch auf Rechtsverbindlichkeit.

Linse

Beitragvon Linse » Do 28.12.2006 20:27

Eine kleine Anmerkung meinerseits bezüglich der Beauftragung des IdF:
Ich hätte eher Bedenken gehabt, wenn es umgekehrt gewesen wäre und das Bundes Umweltamt die Tests selbst vorgenommen hätte, während sich die andere Einrichtung ständig mit dem Themengebiet beschäftigt.
Zufällig kenne ich - bedingt durch mein Studium in Magdeburg - verschiedene Beschäftigte und auch den Leiter vom Sehen her, und diese Leute machen auf mich durchaus einen kompetenten Eindruck (vielleicht nicht immer und allzeit in der Lehre, aber entsprechendes Fachwissen kann ich ihnen sicher nicht absprechen).